Religiöse Einstellung im Wandel İlhan Karaca
Seit den 1960er Jahren formierten sich in Deutschland neben den verschiedenen christlichen und jüdischen Gemeinden neue religiöse Bewegungen und Religionen, vertreten von überwiegend türkischen aber auch arabischen, buddhistischen und hinduistischen Gemeinschaften. Sie veränderten nicht nur die religiöse Landschaft in Deutschland, sondern trugen zu einer vielfältigen Sichtbarkeit der Religion und damit zu einer vielfältigen Gesellschaft bei. Insbesondere dem Islam kommt dabei eine grosse Bedeutung zu.
Doch in Deutschland ist die Migrationsforschung-und Politik nach wie vor auf die Frage nach der Ankunftslandorientierung versus Herkunftslandorientierung nationaler Assimilation‘ konzentriert. Im Rahmen einer fortschreitenden Transnationalisierung erweist sich jedoch eine polare Vorstellung von Herkunftslandorientierung und Ankunftslandorientierung als zu eng, um bezüglich sowohl der Betrachtung der Lebensräume von Muslimen als auch des Beitrages isolierter Organisationen zur gesellschaftlichen Integration die gegebene Komplexität erfassen zu können.
In dieser Arbeit wird daher untersucht, wie es zu einer nötigen Versachlichung der Diskussion rund um Islam, Migration und die Integration von insbesondere jungen Muslimen kommen kann und damit ein Beitrag zu einer Dekonstruktion eines essentialistischen, homogenisierten stereotypen Bild des Islam insgesamt oder einzelner islamischer Organisationen geleistet werden kann, damit die gegenwärtigen dynamischen Entwicklungen und die außerordentliche Vielfalt muslimischer Praxis und Identitäten in Deutschland sorgfältig dargestellt und auf Basis empirischer Forschung zu einer sachlich differenzierten Wahrnehmung dieser Religionsgemeinschaft beitragen kann. Gegenstand der empirischen Untersuchung, die sich methodologisch an der Grounded Theory orientiert, ist deshalb der Wandel religiöser Einstellungen junger türkeistämmiger Muslime in Berlin. Dabei beruht diese Arbeit auf meine Dissertation, mit dem Titel Von ‚Nur’ zu ‚Licht’: Wandel religiöser Einstellungen junger Muslime am Beispiel der Medrese in Berlin- Neukölln 2003-2013. Die Arbeit wurde im Jahre 2015, an der Freien Universität Berlin vorgelegt. Sie soll nun einem breiteren Publikum zeigen, wie sehr die Dynamik der Veränderung zwischen 2003 und 2013 in der untersuchten Gruppe auf dem Generationswechsel und dem damit einhergehenden Sprachwechsel basiert. Denn im Dialog von Aussen und Innen, von Fremdsicht und Selbstsicht konstituiert sich Identität in Interaktion mit der Umwelt, die ihn, so wie er ist eigentlich nicht anerkennt.
(Tanıtım Bülteninden)